Herbstgedicht

vorschlag

Ein Blatt aus sommerlichen Tagen,
Ich nahm es so im Wandern mit,
Auf dass es einst mir möge sagen,
Falls ich vom Lärm ringsum geschlagen,
Wie ruhig der Wald, den ich durchschritt.

Im Nebel ruhet noch die Welt,
noch träumen Wald und Wiesen;
bald siehst du, wenn der Schleier fällt,
den Nachbar emsig aufgestellt,
um lustvoll der gesamten Welt
die Tage zu vermiesen.

Wohl ist es Herbst; doch warte nur,
Doch warte nur ein Weilchen!
Der Nachbar kommt, vorfreudig lacht,
Der Motor ist längst angemacht.

Bunt sind schon die Wälder,
Gelb die Stoppelfelder,
Und der Herbst beginnt.
Wilde Männer fallen,
Aus den Türen allen,
für Sinnesreize taub und blind.

Laubbläser-Getröte
Bei der Abendröte
Und im Morgenglanz;
Männer wie von Sinnen
Pfeifen und beginnen
Deutschen Reinheitstanz.

Selbst wer ein Haus hat,
braucht jetzt keines mehr.
Auch wer allein ist,
wird’s nicht lange bleiben,
denn in Alleen hin und her:
Laub-Saug-Bläser-Treiben!

So bin ich in die Stadt gegangen,
Such Trost, doch welch ein Graus,
In allen Läden prangen
schon längst mit roten Wangen
und laden ein zum Schmaus:
der Schoko-Nikolaus.

Wohl ist es Herbst; doch warte nur,
Doch warte nur ein Weilchen!
Die Frühjahrskollektion bald lacht,
Weit vor der Heil’gen Weihnachtsnacht.

Schon früh die Tage brechen an,
woll’n lärmend nicht verfließen,
Der Nachbar bläst fünf Stunden schon,
Scheint’s richtig zu genießen.

Ihr Herren Storm und Fallersleben,
Ihr konntet euch am Herbst erfreuen.
Was tät ich heute darum geben,
Würd bloß der Wind das Laub zerstreun.

Blätter zittern durch die Luft.
Doch was romantisch ward besungen,
wird heut’ in abgasschwerem Duft
mit Kilowatt bezwungen!

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