Interview

Ladys im Ländle

Zwei neue Bücher stellt die Kulturjournalistin und Kolumnistin Adri­enne Braun vor: am 7. April in der Galerie Abtart ‚Geben und Nehmen. Wege zur Kunst‘ und am 12. April in der Stadt­bibliothek Stuttgart ‚Künstlerin, Rebellin, Pionierin. 20 außergewöhn­liche Frauen aus Baden-Württemberg‘.

Frau Braun, welche Idee steckt hinter den Doppelporträts?

Es sind lauter Einzelinterviews, die einander gegenübergestellt werden. So erfährt der Leser zwei Sichten auf die Dinge. Es geht darum, wie sich Künstlerpersönlichkeiten in der Auseinandersetzung mit anderen formen.

Nach welchen Kriterien haben Sie die 20 Frauen ausgewählt?

Ich wollte kein Geschichtsbuch schreiben, sondern spannende Persönlichkeiten im Spiegel der Zeit vorstellen, in der sie gelebt haben. Mit den Porträts spanne ich einen Bogen über 500 Jahre. Verschiedene Bereiche werden abgedeckt, zum Beispiel Kultur, Technik, Sport oder Medizin. Aber auc h die Kochbuchautorin Friederike Luise Löffler ist darunter, die Ende des 18. Jahrhunderts den Hausfrauen auf pragmatische Weise das Leben erleichtern wollte.

Wo haben Sie Quellen gefunden?

Es gibt erstaunlich viele Bücher, trotzdem ist die Faktenlage oft etwas dünn. Mir war wichtig, so viel Material zu sammeln, dass die Figur plastisch wird und ich ein Lebensgefühl vermitteln kann. Vieles war früher gar nicht so anders als heute bei uns. Leicht war es bei Frauen wie zum Beispiel Margarete Steiff oder Sophie Scholl. Da war dann eher die Auswahl schwer. Besonders schwierig war es bei der Mode­designerin Emmy Schoch, die unter anderem das Reformkleid in Deutschland bekannt gemacht hat. Zu ihr findet man weniger als zu mancher Malerin, die vor 250 Jahren lebte.

Warum ist es wichtig, diese Persönlichkeiten vorzustellen?

Es macht Spaß, diese verschiedenen Frauen neu zu entdecken und zu sehen, wie sie sich durchgeschlagen haben. Denn sie waren mitnichten Opfer, sondern tough, mutig, witzig, selbstiro nisch und willensstark und wurden oft von ihrem Vater oder Bruder unterstützt. Die wenigsten haben gehei­ratet. Sehr bewegt hat mich die Geschichte von Anneliese Rothenberger, die zeitlebens darunter gelitten hat, dass ihr kleiner Bruder überfahren wurde, als sie gemeinsam auf der Straße spielten. Das weiß kaum einer. gab

April 2016, Kulturreport der Stuttgarter Zeitung/Stuttgarter Nachrichten

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